Auktion: 554 / Modern Art Day Sale am 08.06.2024 in München Lot 121002662


121002662
Karl Schmidt-Rottluff
Beim Torfstechen, 1922.
Aquarell und Tuschfeder
Schätzpreis: € 30.000 - 40.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Beim Torfstechen. 1922.
Aquarell und Tuschfeder.
Links unten signiert und datiert. Verso betitelt. Auf chamoisfarbenem Aquarellpapier. 47,7 x 60,5 cm (18,7 x 23,8 in), blattgroß. [CH].

• Ausgearbeitetes, farbkräftiges Aquarell von gemäldehafter Wirkung.
• Starke Farben, zu geometrischen Formen abstrahierte Torfblöcke, die Anordnung und die dynamischen Bewegungen der Torfstecher sowie den direkten Blick der rechten Figur vereint Schmidt-Rottluff zu einer spannungsvollen Komposition.
• 1989 Teil der großen Retrospektive im Lenbachhaus in München und in der Kunsthalle Bremen
.

Die Arbeit ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert.

PROVENIENZ: Kunsthütte Chemnitz (1923-19.8.1937, verso mit der hs. Inventarnr.).
Staatsbesitz (1937 im Zuge der Aktion „Entartete Kunst” vom Vorgenannten beschlagnahmt, EK-Nr. 17644-E).
Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Frankfurt a. Main.
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1988 von der Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel, Lugt 6032).

AUSSTELLUNG: Karl Schmidt-Rottluff 1884-1976. Malerei und Graphik. Werke im Besitz der Städtischen Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt, Karl-Marx-Stadt 1982, S. 78 (m. Abb.).
Karl Schmidt-Rottluff. Retrospektive, Kunsthalle Bremen, 16.7.-10.9.1989; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 27.9.-3.12.1989, Kat.-Nr. 249 (m. Abb., S. 268).
Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, S. 110, Kat.-Nr. 61 (m. Abb.).

LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 398, SHG-Nr. 693 (m. Abb.).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 99, SHG-Nr. 207 (m. Abb.).
www.geschkult.fu-berlin.de/e/db_entart_kunst/datenbank (EK-Nr. 17644-E).

Die Sommer der Jahre 1920 bis 1931 verbringt der Künstler meist in Jershöft an der hinterpommerschen Ostsee, unweit zahlreicher Torf- und Sumpfgebiete der Pommerschen Seenplatte. Das kleine Fischer- und Bauerndorf erweist sich für den Künstler als ein ruhender Pol in einer doch sehr bewegten Nachkriegszeit, bedenkt man, welche gesellschaftliche Rolle extreme Gruppierungen in der jungen Weimarer Politik und vornehmlich in Berlin spielen, wo er wohnt. So widmet sich Schmidt-Rottluff dem ländlichen Leben. Werke mit Arbeitern, Bauern oder Fischern bei der Verrichtung ihrer täglichen Arbeit werden zum Motiv seiner Malerei und beschreiben den Menschen in seinem sozialen Umfeld.

Schmidt-Rottluff entwickelt in diesen Arbeiter-, Handwerker- und Fischerbildern eine farbige Flächenmalerei. Zonen reiner Farbigkeit greifen ineinander und versetzen die Oberfläche in einen dynamischen Rhythmus. Mitunter scheinen sich die Formen sogar in der Farbfläche in eine nahezu farbliche Abstraktion aufzulösen, wobei der Bezug zum eigentlichen Motiv stets bestehen bleibt. Auch mit den dunklen Konturen definiert der Künstler unterschiedliche Formgebilde und schafft durch die Ordnung der einzelnen Bildteile eine gewisse Räumlichkeit.

Großzügige, vereinfacht, nahezu geometrisch wiedergegebene Formen und große Flächenzonen bestimmen den Charakter der Komposition, die Schmidt-Rottluff bspw. auch in dem stilistisch verwandten Gemälde "Fischer mit roten Netzen" aufgreift (1921, bis 2023 Sammlung Hermann Gerlinger). In dem hier angebotenen Aquarell erzählt der Künstler jedoch nicht von dem Vorgang des Fischens, sondern zeigt die körperlich harte Arbeit des Torfstechens. Die Menschen stellt er ohne die bisher gewohnte Physiognomie in einer ausdrucksstarken Bewegtheit dar. Es sind durchaus rhythmische Bildvorgänge, die bis dahin noch nicht in seinen Werken zu finden sind. Gleichwohl bleibt in den Werken der Nachkriegsjahre etwas von dem ausdrucksbetonenden Flächenstil der Vorkriegszeit als Nachhall erhalten, die Arbeiten erwecken jedoch einen weitaus emotionaleren, weniger ruhevollen Eindruck. [MvL]



121002662
Karl Schmidt-Rottluff
Beim Torfstechen, 1922.
Aquarell und Tuschfeder
Schätzpreis: € 30.000 - 40.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.