Auktion: 554 / Modern Art Day Sale am 08.06.2024 in München Lot 122000525


122000525
Ernst Ludwig Kirchner
Passantenknäuel und Elektrische, 1914.
Strichätzung
Schätzpreis: € 25.000 - 35.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Passantenknäuel und Elektrische. 1914.
Strichätzung.
Signiert. Eines von nur fünf bekannten Exemplaren. Auf Velin. 24,9 x 20 cm (9,8 x 7,8 in). Papier: 40,4 x 34,7 cm (15,9 x 13,6 in).
Das Motiv verwendet Kirchners zudem auch in einer Zeichnung (Skizzenbuch 40, Bl. 8) und in dem Gemälde "Leipziger Straße mit elektrischer Bahn" (1914, Gordon 368, Museum Folkwang, Essen). [CH].

• Eines von nur fünf bekannten Exemplaren, davon eines in Museumsbesitz: Grunwald Center for the Graphic Arts, Hammer Museum, Los Angeles.
• Das Motiv ist eng verwandt mit Kirchners berühmtester Werkgruppe der "Berliner Straßenszenen" (1913–1915) und findet sich in ganz ähnlicher Form auch in seinem Gemälde "Leipziger Straße mit elektrischer Bahn" (1914, Museum Folkwang, Essen).
• In den vergangenen 30 Jahren wurden nur zwei verschiedene Exemplare dieser seltenen Radierung auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com)
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PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel, Lugt 6032).

AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).

LITERATUR: Gustav Schiefler, Die Graphik Ernst Ludwig Kirchners, Bd. 1 (bis 1916), Berlin-Charlottenburg 1926, WVZ-Nr. R 182.
Annemarie u. Wolf-Dieter Dube, E. L. Kirchner. Das graphische Werk, München 1967, WVZ-Nr. R 183.
Günther Gercken, Ernst Ludwig Kirchner. Kritisches Werkverzeichnis der Druckgraphik, Bd. 3 (1912-1916, Nr. 543-847), Bern 2015, WVZ-Nr. 656.
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Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 262f., SHG-Nr. 377 (m. Abb.).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 339, SHG-Nr. 761 (m. Abb.).

Im Oktober 1911 zieht Ernst Ludwig Kirchner aus dem damals letztlich provinziellen Elbflorenz nach Berlin, der mit allen Freiheiten und Freizügigkeiten ausgestatteten Metropole. Kirchner, ein Mensch von "seismographischer Empfindsamkeit“ (Buchheim 1956), muss den Pulsschlag der Großstadt als ununterbrochene Attacke auf die Sinne empfunden haben. Ihn reizt das erotische Flair, das beschleunigte Tempo ständig wechselnder Eindrücke. Zeichnend durchschreitet er das Panorama: Kunsthändler, Kritiker und Kokotte, Bohemien und geigender Bettler, Journalist und Gigolo, der große Geschäftsmann, der kleine Schieber und immer wieder Frauen. Es ist unbestritten die Kokotte für die ausgehende Kaiserzeit das Ereignis des 'Asphaltdschungels‘, ein bisschen romantisch, ein bisschen sentimental verklärt, zugleich knallharte Venus. Sie zählt zum Vergnügungsangebot auf den Straßen und Plätzen Berlins, eine grelle Blume im Warenkorb des zirkulierenden Geldgeschäfts. Und ihr 'Tun‘ zählt zu den beliebten Motiven, die, wie mit der Serie der "Berliner Straßenszenen“, in den Jahren von 1913 bis 1915 entstehen. Neben zahlreichen Zeichnungen, Aquarellen, Pastellen und Gemälden sind es vor allem auch die Radierungen, in denen der Künstler das hektische Nachtleben der Metropole am Vorabend des Ersten Weltkrieges darstellt. Detaillierter als in anderen motivgleichen Bildern hält Kirchner das nächtliche Treiben in der Leipziger Straße fest, einem mondänen Berliner Boulevard. Straßenbahn, Straßenlaternen, Neonreklame und Passanten unter von Geschäften belebten Arkaden vermitteln das nervöse Tempo einer modernen Großstadt. Auf der linken Seite sind im Vordergrund zwei herausgeputzte Damen – in Kirchners Straßenbildern handelt es sich dabei meistens um Kokotten – und zwei elegant gekleidete, hohe Hüte tragende Männer zu sehen, die ihnen nachgehen. In der Mitte drängt eine voll besetzte Straßenbahn der Linie 88 zwischen den beiden klassizistischen Wachhäusern des Leipziger Platzes nach vorne: Alles geschieht gleichzeitig und fordert die unmittelbare Aufmerksamkeit des Betrachters. [MvL]



122000525
Ernst Ludwig Kirchner
Passantenknäuel und Elektrische, 1914.
Strichätzung
Schätzpreis: € 25.000 - 35.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.