Auktion: 553 / Contemporary Day Sale am 07.06.2024 in München Lot 158


158
A. R. Penck (d.i. Ralf Winkler)
Ende im Osten (Ostende), 1979.
Dispersion auf Leinwand
Schätzung:
€ 70.000
Ergebnis:
€ 120.650

(inklusive Aufgeld)
Ende im Osten (Ostende). 1979.
Dispersion auf Leinwand.
Rechts unten signiert und bezeichnet. 132 x 178,5 cm (51,9 x 70,2 in).


• "Ende im Osten" entsteht ein Jahr vor A. R. Pencks erzwungener Übersiedelung in den Westen
• Außergewöhnlich feingliedrig bespielen die symbolhaften Zeichen die Bildfläche.
• Das von A. R. Penck entwickelte Zeichensystem basiert auf seiner umfassenden Beschäftigung mit wissenschaftlichen Themen.
• 1972, 1982 und 1992 stellt Penck auf der documenta in Kassel aus, 1984 auf der Biennale von Venedig
.

Das Werk ist im Archiv der Galerie Michael Werner, Berlin, verzeichnet.

PROVENIENZ: Galerie Michael Werner, Köln (verso auf dem Keilrahmen zweifach mit Etikett).
Sabine Knust, München.
Privatsammlung Süddeutschland (seit 1981 in Familienbesitz).


"Jedes Bild ist eine Art Reise, und dem Bild folgen heißt mehr als Droge"

A. R. Penck, zit. nach: Katalog documenta 6, Bd. 1, S. 118.

A. R. Penck entwickelt ab der Mitte der 1960er Jahren einen Piktogrammstil, mit dem er die komplexen Verhältnisse und Themen seines Daseins zu klären sucht. Das macht seine Bildinhalte nicht nur für die argwöhnischen Machthaber seines Landes schwer zu lesen. Doch ist diese Formensprache nicht ausschließlich in der schutzsuchenden Verschlüsselung zu erklären. Der Künstler entwickelt dieses System über mehrere Jahre auch in dem Gedanken, eine neue Bildsprache zu entwickeln, die ihrer eigenen Logik folgt. Seine Bilder lassen sich lesen, doch niemals nur auf die eine oder andere Weise. A. R. Penck thematisiert darin immer wieder das Unheilvolle des Kalten Krieges zwischen Ost und West in dauerhafter Bildform. Nicht ohne Anspielung auf diese national verordnete Eiszeit wählt der Künstler 1969 sein Pseudonym nach dem Geologen und Eiszeitforscher Albrecht Penck (1858–1945). Doch zudem benutzt er noch verschiedene Pseudonyme, wie z. B. hier das "Y", um unter dem Radar der Staatssicherheit Ausstellungen im Westen zu bestücken. Schon 1965 hat er über Georg Baselitz seinen späteren Galeristen Michael Werner kennengelernt. In dessen Galerie finden mehrfach Ausstellung statt, schon 1971 ist im Haus Lange in Krefeld eine erste Soloschau in einem westdeutschen Museum zu sehen. Sein Erfolg ist weitreichend: Seine Beteiligung an der documenta V 1972 bringt ihm zwar die künstlerische Anerkennung im Westen, der Erfolg beschränkt aber gleichzeitig den Handlungsraum im Osten: Penck erhält Ausstellungsverbot. 1980 schließlich, von den Repressalien in eine Krise gestürzt, beantragt Penck mehr unfreiwillig als freiwillig die Ausreise und siedelt in die Bundesrepublik Deutschland über.

"Ende im Osten (Ostende)" aus dem Jahr 1979 ist also durchaus als Thematisierung dieser schmerzhaften Verabschiedung aus der Heimat in Dresden zu lesen. Die Figuren und Zeichen schweben in leichten Farben über die Bildfläche, in manchen Bereichen dichter als in anderen. Unser Bild ist rechts unten mit Kugelschreiber mit "Y" signiert und damit auch ein Zeugnis der höchst schwierigen Lebensumstände dieses zwischen Ost und West zerrissenen Künstlers. Das Ende im Osten scheint wie eine ferne Vision, die auch Elemente der Bedrängung in sich trägt. Der Künstler selbst will seine Bilder nicht entschlüsseln, da er sie so ihres Zaubers berauben würde. Jeder von uns muss das auf seine Weise selbst tun und damit die Stimmung und Bedeutung für sich selbst finden. Das macht auch die Faszination seiner Werke aus. [EH]



158
A. R. Penck (d.i. Ralf Winkler)
Ende im Osten (Ostende), 1979.
Dispersion auf Leinwand
Schätzung:
€ 70.000
Ergebnis:
€ 120.650

(inklusive Aufgeld)