Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 205

 

205
Peter Brüning
Nr. 10/64 (légendes I), 1964.
Öl und farbige Kreide auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 81.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Nr. 10/64 (légendes I). 1964.
Öl und farbige Kreide auf Leinwand.
Otten 562. Auf dem Keilrahmen signiert und bezeichnet "für München (légendes I)" sowie mit dem Richtungspfeil. Verso mit der Werknummer. 150 x 200 cm (59 x 78,7 in).

• Eines der wenigen Bilder aus der entscheidenden Übergangsphase im Œuvre des Künstlers und bereits Teil der wichtigen Werkgruppe "Légendes" (1964-1970).
• Umfangreiche Ausstellungshistorie.
• Peter Brünings Werk wurde auf der Documenta II, III und IV gewürdigt.
• Impulsive und spontane, aber doch intellektuell kontrollierte Gestik des Malens
.

PROVENIENZ: Galerie Elke und Werner Zimmer, Düsseldorf.
Sammlung Deutsche Bank (beim Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: 14 Aspekte heutiger Kunst, Sonderausstellung der Großen Kunstausstellung, München, 1965.
Peter Brüning, Légendes, Bilder 1964/65, Galerie Änne Abels, Köln, 7.10.-3.11.1965.
Peter Brüning, Galerie Cogeime, Brüssel, 30.11.-15.12.1965.
Peter Brüning, Bilder und Objekte, Städtisches Museum Mönchengladbach, 1.9.-16.10.1966, Kat.-Nr. 16.
Peter Brüning - Bilder Objekte, Zeichnungen, Graphik, 1960 bis 1970, Galerie Veith Turske, Köln, 28.2.-12.4.1975 (auf dem Keilrahmen mit dem Stempel).
Peter Brüning - Vom Informel zu den kartografischen Bildern und Zeichnungen, Galerie Elke und Werner Zimmer, Düsseldorf, 21.3.-12.5.1984 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Peter Brüning - Retrospektive, MKM - Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg, 1.3.-13.5.2007, Kat. S. 126, farbige Abb. S. 83.

LITERATUR: Rolf-Gunter Dienst, Peter Brüning, Monographien zur rheinisch-westfälischen Kunst der Gegenwart, Band 45, Recklinghausen 1973, S. 46.
Marie-Luise Otten, Peter Brüning - Studien zu Entwicklung und Werk. Werkverzeichnis, Köln 1988, S-W-Abb. S. 397.

Die Zäsur des Zweiten Weltkriegs führt ebenfalls zu einem Bruch in der Geschichte der Kunst. Hatten sich Tendenzen zur Abstraktion bereits vorher entwickelt, führten die Restriktionen des Dritten Reiches und der Krieg zu einer Unterbrechung dieser Entwicklung. Nach dem Ende des Krieges beginnt die Stunde null in allen gesellschaftlichen Belangen, so auch in der Kunst. Der die ganze Welt umfassende Wunsch nach Freiheit musste sich letztendlich auch in der Sprache der Kunst niederschlagen. Die Bewegung "Abstraktion" wird zu einer Kunstausrichtung, die in Amerika mit dem Action-Painting und dem abstrakten Expressionismus zu ähnlichen Ausdrucksformen kommt wie das europäische Informel. In Deutschland kristallisiert sich im Besonderen in Düsseldorf eine Szene heraus, die zwei wegweisende Richtungen der Nachkriegskunst zu Tage befördert. Zum einen die "ZERO"-Bewegung rund um Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker, zum anderen die "Gruppe 53" mit Peter Brüning, Karl Otto Götz und Gerhard Hoehme als Zentrum des deutschen Informel.
Entwickelt Brüning zunächst eine Bildsprache geprägt von dichten schwarzen Liniengeflechten, lösen sich diese auf in chiffrenartige Kompositionen, die frei im Raum schweben. Sein Ziel ist es, in einem rhythmischen Malgestus Bewegung sichtbar zu machen. Und so finden sich in seinen seriellen Kompositionen immer wieder die schwungvoll und in variierenden Strichstärken aufgetragenen kalligrafischen Linien, eingebettet in eine oft zarte und zurückhaltende Farbigkeit. Diese impulsive und spontane, aber doch intellektuell kontrollierte Gestik des Malens legt uns zugleich in einer Art Psychogramm seine lyrisch-dramatische Sensibilität offen. Die Komposition "Nr. 10/64 (légendes I)" markiert den Übergang zu der Werkgruppe der sogenannten "Légendes", die aus kartografischen Zeichen bestehen. Für Brüning selbst bedeuten diese Bilder eine technische Weiterentwicklung seiner Bildvorstellung, die darauf abzielt, das Bild selbst zur Wirklichkeit werden zu lassen. "Ich habe diese Malart gewählt, weil sie im Gegensatz zu einer individuellen Interpretation eine antiindividuelle ist, das soll heißen, die Kartographie ist eine Sprache, die allgemein verständlich ist. Nicht ein Einzelner hat sie erfunden, sondern sie basiert auf einem kollektiven Übereinkommen." (Brüning, in: Otten, S. 484). [SM]



205
Peter Brüning
Nr. 10/64 (légendes I), 1964.
Öl und farbige Kreide auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 81.250

(inkl. Käuferaufgeld)