Auktion: 479 / Klassiker des 20. Jahrhunderts I am 08.12.2018 in München Lot 814

 

814
Karl Hofer
Hinduknabe, Um 1911/12.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 225.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Hinduknabe. Um 1911/12.
Öl auf Leinwand.
Wohlert 222. Links unten monogrammiert (in Ligatur). Verso auf dem Keilrahmen mit der handschriftlichen Künstleradresse sowie einem Etikett mit der handschriftlichen Bezeichnung "Darmstadt". 128,5 x 80,5 cm (50,5 x 31,6 in).
Es existiert eine Kohlezeichnung aus dem Jahr 1911 mit dem gleichen Sujet "Inder unter Palmen". (Karl Hofer, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle, Berlin 1978, Kat.-Nr. 225, Abb. S. XXI).
Eines der ersten Gemälde Hofers, bei dem er zu seiner für ihn bekannten beruhigten Form der Figuren und dem für ihn typischen Farbkanon findet.

PROVENIENZ: Westend Galerie, Frankfurt am Main 1974.
Privatsammlung Hessen.
Privatsammlung USA.
Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Karl Hofer, 1878-1955: Ölbilder, Zeichnungen, Lithographien, Frankfurter Westend Galerie 1974, Nr. 1 (dort datiert "ca 1908").
Karl Hofer. Von Lebensspuk und stiller Schönheit, Kunsthalle Emden, 11.2.-17.6.2012 (Abb. S. 22).
2013-2018 Dauerleihgabe Hamburger Kunsthalle in der permanenten Ausstellung.
Auf dem Weg zur Erleuchtung - Der Indien-Mythos in der westlichen Kultur, MASI - Museo d`arte della Svizzera Italiana, Lugano 24.9.17-21.1.18 (Abb. S. 349).

LITERATUR: Christoph Otterbeck, Europa verlassen: Künstlerreisen am Beginn des 20. Jahrhunderts, Köln 2007, S. 187-195 (Karl Hofer in Indien (1910/11 und 1913)).
"Endlich habe ich, was ich seit Jahren vergeblich suche: Modelle im Freien und reizvolle Situationen."
Karl Hofer in einem Brief an Theodor Reinhart am 6.12.1910

Zwischen 1908 und 1913 lebt und arbeitet Karl Hofer in Paris. Sein Mäzen Dr. Theodor Reinhart aus Winterthur, dessen Firma mehrere Niederlassungen an der Malabarküste hat, ermöglicht ihm in den Jahren 1911 und 1913 zwei längere Aufenthalte auf dem Subkontinent. Im Rückblick sind diese zwei Indienreisen für seine weitere Entwicklung und für sein weiteres Schaffen außerordentlich wichtig. Hofer selbst ahnt, was diese Reisen für ihn bedeuten können, als er schreibt: "Vielleicht ist aber nicht abzusehen, welchen Gewinn ich davon haben könnte, wenn es für mich das würde, was für Delacroix Marokko war.” (C. Otterbeck, 2007, S. 188). Julius Meier-Graefe sieht eine Korrespondenz in van Goghs Arles-Aufenthalt, als er die nachhaltige Wirkung dieser Reisen für das weitere Schaffen Karl Hofers beschreibt: "Die Malabar-Küste wurde ein Arles für diesen verbissenen Schwärmer, und die zähen Häute schmolzen wie Schnee in der Sonne. [..] In den Tropen näherte er sich dem französischen Sensualismus. [..] Die exotische Welt machte Paris zu einer mittleren Norm, entband die Sinne, vertiefte und vereinfachte die vielen Pariser Eindrücke. Grecos Mystik wurde ihm an der Pfefferküste vertraut." (Julius Meier-Graefe, in: Karl Hofer 1878-1955, Ausst.-Kat. Staatl. Kunsthalle, Berlin 1978, S. 89). Als eines der ersten Werke in Karl Hofers Œuvre strahlt dieses Gemälde ein tiefes In-Sich-Versunken-Sein der Person aus. Die für sein künftiges Werk so prägnante strenge, klar definierte Form und die entrückte Haltung der dargestellten Person in diesem frühen Werk machen erstmals eine Abgegrenztheit der Figur möglich, mit der er fernab von Effekthascherei seinen eigenen Weg beschreiten wird. [EH]



814
Karl Hofer
Hinduknabe, Um 1911/12.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 225.000

(inkl. Käuferaufgeld)